10e 2020 21/Analyse narrativer Texte/Übungsbeispiel zur Kurzgeschichte

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Die vorliegenden Beispiele sollen euch als Anregung und zur Weiterarbeit dienen. Wer sich mit dem Zitieren unsicher ist, sollte deshalb trotzdem nicht auf wörtliche Textzitate verzichten! Am Ende ist das Zitieren wie Fahrradfahren. Auch wenn sich am Anfang Unsicherheiten zeigen, durch das wiederholte Verwenden und Reflektieren von Fehlern könnt ihr nur dazulernen! Traut euch also!

Schülerbeispiel

Die jugendliche Ich-Erzählerin (vgl. Z.13f.) und der sogenannte ,,Wahnsinnstyp" sitzen sich zufällig in einem Zug gegenüber und kennen sich nicht. An der Schulter des jungen Erwachsenen (vgl. Z.59) kann die Protagonistin ein blondes Mädchen erkennen. Dieses blonde Mädchen ist ihm jedoch unbekannt (vgl. Z.76 f.) Außerdem scheint der junge Mann sich hauptsächlich für die Protagonistin zu interessieren (vgl. Z. 80) und ist eben nicht, wie von der Ich-Erzählerin vermutet, mit dem blonden Mädchen zusammen. Als Außenstehender lässt sich über den Jungen sagen, dass er ruhig und konzentriert wirkt. (vgl. Z.44) Des Weiteren verhält er sich auch oft fürsorglich (vgl. Z. 25f.). Der Grund für die Bezeichnung als ,,Wahnsinnstyp" könnte seine dunklen Locken, grünen Augen mit kleinen Sprengseln und seinen Grübchen (vgl. Z.46 ff.) sein. Die Protagonistin ist ebenfalls an dem Jungen interessiert. Aus der Außenperspektive ist auffällig, dass sie stets ihre Umgebung beobachtet. So achtet sie durchgängig darauf, was der Junge macht. (vgl. Z. 30ff.) Ihre Gefühle und Gedanken zeigen ihr fehlendes Selbstbewusstsein (vgl. Z. 38f.) und dass sie sehr auf das äußere Erscheinungsbild von anderen achtet. (vgl. Z.1-9) (...)

Das Schülerbeispiel greift zentrale Aspekte der Figurencharakteristik auf. Allerdings fehlt - trotz der Belege am Text - die Veranschaulichung am Text. Hierfür sind wörtliche Textzitate unerlässlich!

Gegenbeispiel / Verbesserung

Die jugendliche Ich-Erzählerin (vgl. Z.13f.) und der sogenannte ,,Wahnsinnstyp" sitzen sich zufällig in einem Zug gegenüber und kennen sich nicht. An der Schulter des jungen Erwachsenen (vgl. Z.56) kann die Protagonistin ein blondes Mädchen erkennen. In ihren Gedanken beschreibt sie dieses näher: ,,Ihr Kopf mit den langen blonden Haaren lehnt an seiner Schulter, ihr Atem geht ganz ruhig, nicht mal ihre Wimpern flattern. (...) Sie sieht im Schlaf aus wie ein Engel." (Z. 25 und Z. 41f.) Dieses blonde Mädchen ist ihm jedoch unbekannt (,,Ich kannte sie gar nicht.", Z.70), was die Protagonistin aber nicht weiß. Außerdem scheint der junge Mann sich hauptsächlich für die Protagonistin zu interessieren (vgl. Z. 80) und ist eben nicht, wie von der Ich-Erzählerin vermutet, mit dem blonden Mädchen zusammen. Als Außenstehender lässt sich über den Jungen sagen, dass er ruhig und konzentriert wirkt. (vgl. Z.44) Des Weiteren verhält er sich auch oft fürsorglich (,,Er bewegt sich dabei ganz vorsichtig, um das schlafende Mädchen an seiner Schulter nicht zu stören. Rücksichtsvoll ist er also auch noch.", Z.55f.). Offensichtlich gefällt ihr ihr Gegenüber. Der Grund für die Bezeichnung als ,,Wahnsinnstyp,," könnte seine dunklen Locken, grünen Augen mit kleinen Sprengseln und seinen Grübchen (vgl. Z.46 ff.) sein. Aus der Außenperspektive ist auffällig, dass sie stets ihre Umgebung beobachtet. So achtet sie durchgängig darauf, was der Junge macht. (vgl. Z. 30ff.) Ihre Gefühle und Gedanken zeigen ihr fehlendes Selbstbewusstsein (vgl. Z. 38f.) und dass sie sehr auf das äußere Erscheinungsbild von anderen achtet. (,,Rechts von mir ein verfetteter Anzugträger, der die Zeitung mit den großen Buchstaben liest (...)", Z.3f.) (...)

Insgesamt fehlt der Charakteristik zudem noch etwas der rote Faden. Dies liegt insbesondere an zusätzlich fehlenden Erläuterungen bzw. an passenden "Gelenkstellen", die die einzelnen Aspekte miteinander gedanklich verknüpfen!

Als Außenstehender lässt sich über den Jungen sagen, dass er ruhig und konzentriert wirkt. (vgl. Z.44) Des Weiteren verhält er sich auch oft fürsorglich (vgl. Z. 25f.). Der Grund für die Bezeichnung als ,,Wahnsinnstyp" könnte seine dunklen Locken, grünen Augen mit kleinen Sprengseln und seine Grübchen (vgl. Z.46 ff.) sein. | Die Protagonistin ist ebenfalls an dem Jungen interessiert. | Aus der Außenperspektive ist auffällig, dass sie stets ihre Umgebung beobachtet. So achtet sie durchgängig darauf, was der Junge macht. (vgl. Z. 30ff.) | Ihre Gefühle und Gedanken zeigen ihr fehlendes Selbstbewusstsein (vgl. Z. 38f.) |und dass sie sehr auf das äußere Erscheinungsbild von anderen achtet. (vgl. Z.1-9) (...)

Das "|" markiert hier die gedanklichen Sprünge. Der letztgenannte Aspekt wiederholt sich zudem inhaltlich.

Ein Beispiel für einen gelungenen roten Faden in der Gedankenführung ist das folgende Schülerbeispiel. Aber auch hier gilt, dass es der Darstellung an Anschaulichkeit durch die Einbindung wörtlicher Textzitate bzw. von Belegstellen fehlt.

Die Hauptpersonen der Kurzgeschichte "Wahnsinnstyp oder Während sie schläft" begegnen sich zum ersten Mal in einem Zug. Das heißt, die Beiden kennen sich nicht. Auf der einen Seite steht der "Wahnsinnstyp", ein junger Mann um die 18 Jahre, der jedoch schon sehr reif für sein Alter wirkt. Er fährt alleine mit dem Zug nach Bonn. An seiner Schulter angelehnt schläft ein blondes, hübsches Mädchen. Im Vierersitz der Bahn sitzt ihm die vermutlich jugendliche Ich-Erzählerin gegenüber. Ihr junges Alter lässt sich daraus schließen, dass ihre Mutter die Fahrkarte für die Reise nach Bonn-Bad-Godesberg (Z.60) für sie besorgte (vgl. Z.13), und der Tatsache, dass sie von der großen Liebe schwärmt (vgl. Z.29f.). Sie schwärmt von dem "Wahnsinnstypen" (vgl. Z.19f., Z.29f.). Doch in seiner Gegenwart wäre sie am liebsten unsichtbar und versteckt sich in der ,,Versenkung [ihres] Fensterplatzes" (Z.20). Sie ist ihm gegenüber sehr schüchtern und traut sich nicht, mit ihm zu reden (vgl. Z.15f.). Zugleich ist sie auch etwas neidisch auf die vermeintliche Freundin, die engelsgleich an seiner Schulter schläft (vgl. Z.39f.). Als diese aufspringt und fluchtartig den Zug verlässt, ist die Ich-Erzählerin sehr verwirrt und versteht die Situation nicht (vgl. Z.68), bis der junge Mann den Dialog zu ihr sucht und so Interesse an ihr zeigt (vgl. Z.80). Über das Aussehen des "Wahnsinnstypen" erfährt man, dass er ,,dunkle Locken" (Z.46), ,,grüne Augen mit kleinen braunen Sprengseln" (Z.49) und ,,Grübchen" (Z.50) hat. Er sitzt ruhig da und liest konzentriert in seinem Buch (Z.44). Er scheint sehr rücksichtsvoll zu sein, da er versucht, das Mädchen an seiner Schulter nicht aufzuwecken. (vgl. Z. 55f.)