Benutzer:Robin Ivers/WR9 Herr Ivers
Inhaltsverzeichnis
9.2.3 Die rechtliche Stellung Minderjähriger
Die Altersstufen des Rechts sind dir jetzt geläufig. Was genau hat das Alter aber jetzt mit deinem rechtlichen Wirken zu tun? Welche Handlungsmöglichkeiten hast du denn rechtlich gesehen als Minderjähriger?
1) Die Rechtsfähigkeit
Stell dir vor: Du bist Paul.
Paul erhält einen Anruf von seiner Tante. Sie ist schon etwas älter und sehr reich. Sie will dich in ihr Testament aufnehmen und dir 50.000€ vererben. Das ist ja der Hammer!
Nach zwei Tagen meldet sich die Tante wieder. Ganz toll - sie hat es sich nun anders überlegt. Sie möchte das Geld zwischen dir und deiner kleinen Schwester Maya aufteilen. Aber Maya ist doch erst ein Jahr alt.
Ist das überhaupt möglich? Was würdest du spontan antworten? Notiere deine Überlegungen.
Um Rechte und Pflichten wahrnehmen zu können, muss man rechtsfähig sein
Laut Bürgerlichen Gesetzbuch BGB ist die Rechtsfähigkeit wie folgt definiert
- BGB §1 Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.
Das heißt somit das jeder Mensch Träger von Rechten sein kann. Unabhängig von Religion, Alter, Geschlecht,...
Damit verbunden ist allerdings auch das Tragen von Pflichten.
Welche Rechte und Pflichten trägst du?
Recht: Recht auf Leben, Recht auf einen Namen, Recht auf Eigentum, Recht auf Meinungsäußerung
Was denkst du nun über unser Beispiel von Paul? Löse den Fall
Kann ein Kindergartenkind ein Mietshaus erben? Entscheide und begründe,
Mit Erwerb der Rechtsfähigkeit ist man noch nicht in der Lage alle Geschäfte selbstständig durchführen zu können. Gerade Kinder und Jugendliche haben noch nicht die volle rechtliche Handlungsfähigkeit, ihr Leben wird durch viele Einschränkungen beeinflusst.
2) Die Geschäftsfähigkeit
Fall Tina:
Tina ist fünf Jahre alt. Sie geht in einen Spielzeugladen und möchte sich dort einen Plüsch-Hasen im Wert von 20€ kaufen. Sie hat das Geld in bar dabei.
Entscheide aus dem Bauch heraus, ob Tina und der Verkäufer einen wirksamen Kaufvertrag abschließen können.
Fall Paul:
Paul ist nun endlich 18 Jahre alt. Von seinem Vermögen möchte er sich einen Gamer-PC kaufen. Er sieht den gewünschten PC in einem Elektrogeschäft. Paul zahlt diesen und nimmt ihn voller Freude mit. Als seine Eltern nach Hause kommen, sind diese geschockt. Sie sind strikt gegen diesen unsinnigen Kauf und wollen den Computer sofort zurückbringen. Dürfen die Eltern das tun? Beurteile die Situation mit deinem vorhandenen Wissen.
Ab welchem Alter sollten Jugendliche Verträge abschließen dürfen? Welche Regeln hälst du für angemessen?
Wir wissen bereits, dass wir für einen Kaufvertrag zwei gültige, sich deckende Willenserklärungen benötigen.
Die Gültigkeit hängt von der Geschäftsfähigkeit der Person ab.
- Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, rechtlich wirksame Willenserklärungen abgeben zu können.
Die Regelungen dazu finden wir auch im BGB:
§ 104 Geschäftsunfähigkeit:
Geschäftsunfähig ist:
1. wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,
2. wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.
§ 105 Nichtigkeit der Willenserklärung:
(1) Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig.
(2) Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird.
§ 106 Beschränkte Geschäftsfähigkeit Minderjähriger::
Ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist nach Maßgabe der §§ 107 bis 110 (und 111-113 sind hier zu vernachlässigen) in der Geschäftsfähigkeit beschränkt.
Und weiter vorne im BGB steht:
§ 2 Eintritt der Volljährigkeit:
Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein.
Erstelle mit Hilfe dieser Paragraphen eine Übersicht über die Stufen der Geschäftsfähigkeit
Vergleiche deine Übersicht mit dem [Hefteintrag] hier. Drucke den Hefteintrag zur Rechts-&Geschäftsfähigkeit für deinen WR-Hefter aus oder schreibe den Eintrag ab.
Beantworte nun die Aufgaben "Tina" & "Paul" von oben
3) Wiederholung
Ordne zum Wiederholen die Begriffe richtig zu:
3+4) Was darf man als beschränkt Geschäftsfähiger eigentlich rechtswirksam machen?
Notiere zuerst die Überschrift und das heutige Datum.
Die beschränkte Geschäftsfähigkeit ist rechtlich eine spannende Phase. Aber das weißt du ja selbst: Einige Dinge sind erlaubt und du darfst selbst entscheiden, bei anderen Dingen entscheiden noch deine Eltern - manchmal auch gegen deinen Willen.
Denke an Situationen, in denen du einen Kaufvertrag alleine abgeschlossen hast. Gab es auch Dinge, die du kaufen wolltest und deine Eltern waren strikt dagegen? Hast du dir die Sachen gekauft? Wie haben deine Eltern reagiert?
Wir werden nun einige Fälle gemeinsam anschauen. Dann kennst du dich mit den gesetzlichen Regelungen aus. Wir werden dann noch mal vergleichen, ob deine Handlungen gesetzlich erlaubt waren.
Fall 1
- a) Markus bekommt zu seinem 15. Geburtstag von seinem Onkel eine Play-Station geschenkt. Entscheide, ob der Vertrag gültig ist.
Die Schenkung ist ein Vertrag. Auch hier benötigen wir zwei gültige Willenserklärungen. Wir wissen bereits, dass Markus mit 15 Jahren laut §106 beschränkt geschäftsfähig ist und seine Willenserklärungen daher nur nach den folgenden Paragraphen gültig ist. Wir müssen also einen Blick ins BGB werfen - dort finden wir dazu folgenden Paragraphen:
§ 107 Einwilligung des gesetzlichen Vertreters
Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.
Lesen wir diesen Satz zwei mal und formulieren diesen etwas einfacher, heißt das: die Willenserklärung von beschränkt Geschäftsfähigen ist voll wirksam, wenn dieser lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt.
Da Markus durch die Schenkung lediglich rechtliche Vorteile erlangt (Mehrung des Eigentums), ist seine Willenserklärung wirksam.
Fall 1
- b) Welche Rechtsfolge hätte es, wenn Markus statt der Play-Station einen Dackel geschenkt bekommen würde? Wäge die Unterschiede zwischen den Schenkungen ab.
Wie sieht es nun mit dem Dackel aus?
Durch die Schenkung entstehen hier Verpflichtungen (z.B. Kauf von Futter). Die Voraussetzung, dass lediglich ein rechtlicher Vorteil entsteht, ist verletzt. Das heißt: keine wirksame Willenserklärung und keine Schenkung.
In der Realität sind die wenigstens Geschäfte rein rechtlich vorteilhaft. Daher schauen wir gleich zum nächsten Fall.
Fall 2:
Anne ist 14 Jahre alt und möchte sich in das neue Album ihrer Lieblingsband für 10€ kaufen. Ihre Eltern erlauben ihr das. Sie geht in das nächste Elektrogeschäft und kauft dort das Album. Entscheide, ob der Kaufvertrag wirksam ist.
Fall 3:
Der 16-jährige Moritz kauft ohne Wissen seiner Eltern ein Rennrad beim Fahrradhändler für 600€.
- a) Als er nach Hause kommt, zeigt er stolz seinen Eltern den Kauf. Sie freuen sich, dass Moritz so sportlich ist anstatt nur vor dem Computer zu sitzen und genehmigen den Kauf.
- b)Als er nach Hause kommt, sind seine Eltern entsetzt. Sie können nicht glauben, dass Moritz so viel Geld für ein Fahrrad ausgibt. Sie sind der Meinung, er solle sein Geld sparen und möchten das Fahrrad zurückgeben.
Wie würdest du rein intuitiv entscheiden? Mache eine kleine Notiz.
Um diese Fälle zu lösen, zeige ich euch die wichtigen Paragraphen und übersetze euch ein paar Rechtsbegriffe. Wie ihr sicherlich gemerkt habt, gibt es in der Rechtswissenschaft viele davon. Außerdem muss man Paragraphen ganz genau lesen, man überprüft die Tatbestandsmerkmale oder Vorraussetzungen. Sind diese erfüllt, kann man die Rechtsfolge bestimmen. Man spricht hier von der Subsumtionstechnik.
Wir probieren das nun.
§ 107 Einwilligung des gesetzlichen Vertreters
Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.
§ 108 Vertragsschluss ohne Einwilligung
(1) Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab.
Die Einwilligung ist die vorherige Zustimmung zur Willenserklärung.
Die Genehmigung ist die nachträgliche Zustimmung zur Willenserklärung
Erstelle mit Hilfe dieser Paragraphen eine Übersicht über die Rechtsfolgen.
Liegt die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter (meist Eltern) vor, ist die Willenserklärung wirksam.
Liegt keine Einwilligung vor, ist die Willenserklärung zunächst schwebend unwirksam. Erteilen die gesetzlichen Vertreter nachträgliche eine Genehmigung ist die Willenerklärung von Anfang an wirksam. Erteilen die gesetzlichen Vertreter nachträglich keine Genehmigung ist die Willenerklärung unwirksam.
Diese Aufgabe ist nun die "Königsdisziplin". Formuliere für die Fälle 2 und 3 eine Antwort. Diese sollte länger als "ja" oder "nein" ausfallen. Begründe deine Entscheidung ausführlich und verwende Fachbegriffe.
Hier findest du einen Hefteintrag zu diesem Kapitel. Drucke diesen aus oder schreibe ab. Außerdem gibts die Lösungen zu den Fällen zum verbessern.